
Mit einem drei Monaten alten Säugling auf dem Arm startete für mich als Neumama die Zeit der Spielgruppenbesuche. Dabei ist der erste von ihnen Runde bis heute fest im Pool meiner Mama-Erinnerungen verankert.
Immer donnerstags um halb zehn traf ich mich ab sofort mit bis zu zehn anderen Mamis, um zu spielen, singen und sich auszutauschen. Wirklich verblüfft war ich, als die erste Stunde Spielgruppe mit innigem Gesang und ganz viel Klatschen begann. Aha, so sieht jetzt wohl mein Donnerstagvormittag aus. Von dem lässigen Alltag in meiner PR-Agentur fehlte jede Spur. Auch an die Vorstellungsrunde erinnere ich mich noch so genau, als wäre es erst gestern gewesen. Mein Text muss in etwa so gewesen sein: „Hallo, das ist meine Tochter, sie ist jetzt exakt un auf den Tag genau 12 Wochen alt… ( theoretisch hätte ich auch auch noch sagen können „und 9 Stunden“) und ich bin Anna. Wir wohnen hier quasi um die Ecke“ So und nun der nächste bitte.
Und da war sie, die blonde, nett aussehende Mama eines Mädchens, die bereits eine ältere Tochter hatte und ansetzte, ihr Statement zu machen. Nachdem wir ihren Namen und den ihrer Tochter erfuhren erklärte sie zudem kurz, dass sie gar nicht genau wüsste, wie viele Wochen ihre Tochter alt sei, eben so in etwa neun Monate. „Im Ernst?“ fragte ich mich innerlich. Zählt sie denn nicht die Wochen wie kleine Meilensteine, mit denen die Kleine immer größer wird – zu denen doch auch immer der passende Newsletter im E-Mail-Posteingang landet? Ich schon. Dazu parallel hatte ich natürlich auch die Bibel aller jungen Mütter zur Hand, das Buch „O je, ich wachse“, mit dem man verschiedene Entwicklungsschritte wochengenau nachverfolgen konnte und auch Rat und Beistand fand, wenn sich eben der nächste Sprung anbahnte und die Welt der Kleinen gerade Kopf stand. Zugegeben bei uns nie so gravierend, alles im Rahmen, aber mit diesem Buch war es gleich ein Stück weniger unvorhersehbar. Und das war wirklich von Vorteil, denn mein Kosmos drehte sich ja gerade um meinen neuen Erdenbürger und seine Entwicklung, verbunden mit all der Unsicherheit und Aufregung, die alle frischgebackenen Muttis kennen. Und genau das zählte man von Tag zu Tag und Woche zu Woche. Das tolle war, in der Spielgruppe und in anderen Babykursen traf man viele Gleichgesinnte, die sich just in der gleichen Zeit in einer ähnlichen Situation befanden und deren Alltag sich auch gerade um Windeln, deren Inhalt, Schnuller, Stilllen und den Mangel an Schlaf drehte. Es hagelte also Verständnis über Verständnis und das war eine Wohltat für die Neumami-Seele. Also zumindest unter von Ersti-Müttern. Bei Mamas mit mehreren Kindern war die Lage schon mal ein wenig anders. Häufig schlug mir der Satz „Man solle sich keine Sorgen machen, beim nächsten Kind .“ um die Ohren und traf mich mit voller Wucht.
Im Ernst? Ist es wirklich nur Gelassenheit, die ab Kinde zwei in Kraft tritt? Selbst heute als Mutter von zwei Kindern möchte ich dem nicht zustimmen. Ich glaube, wenn man zur Zweitmami wird, hat man natürlich schon etwas Erfahrung durch das erste Kind, man erkennt verschiedene Situationen wieder, viele andere sind aber absolut neu. Man weiß vielleicht sicherer, wenn ein Kind zahnt, aber eben auch nur, wenn es ähnlich zahnt, wie ein Geschwisterkind. Im Allgemeinen glaube ich, man ist in vielen Situationen vielleicht wirklich ein bisschen souveräner, aber vielleicht auch eben nur, weil man sie beim ersten Kind schon ein Mal mit Haut und Haaren erlebt hat. Erinnert ihr euch an meine unbequeme Nacht auf dem Teppich? Ich finde es eigentlich klasse, wenn man den Zauber und die Aufregung der neuen Lebenssituation in vollen Zügen miterlebt.

Gleichzeitig darf man auch nicht vergessen, dass man mit mehreren Kindern auch vor neue, ganz andere Herausforderungen gestellt wird. Das beginnt ja schon in der Schwangerschaft bzw. kurz vor der Geburt. Wenn „es los geht“ kann man sich nicht einfach so mit dem Partner auf den Weg ins Krankenhaus machen. Ich weiß noch ganz genau, wie viele Gedanken ich mir gemacht habe, dass meine Schwiegereltern es rechtzeitig zu uns schaffen – und das im Nachhinein berechtigt. Manchmal sind es aber auch nur Alltagssituationen, die einen fordern: das erste Mal einkaufen mit zwei Kindern, das erste Mal mit ihnen zum Kinderarzt. Wie heißt es so schön, man wächst mit seinen Aufgaben und eben auch mit seiner Erfahrung. Ich glaube nicht, dass es jungen Mamis immer an der viel beschriebenen Gelassenheit mangelt, lassen wir sie einfach doch mal selbst ihre Erfahrungen sammeln. Und viele Situationen sind mit einem Kind einfach anders. Ich hab nun mal beim Einkaufen gefühlt zwei Hände mehr, die voller Glückseligkeit alles was wir brauchen und leider auch nicht brauchen sicher und unsicher im Wagen verstauen. Und damit komme ich schon klar. Und für andere Dinge brauche ich auch als Erstimama nicht mehr Gelassenheit. Oder soll ich zu Hause mit einer Trommel rumlaufen, damit meine Tochter beim Einschlafen nicht so geräuschempfindlich ist? Ich glaube nicht…